Ein Zuger steuert 5,7-mal mehr als ein Aargauer Entziffert 11.10.2006, Bilanz

Ein Zuger steuert 5,7-mal mehr als ein Aargauer
Entziffert 11.10.2006, Bilanz
Die Steuersätze seien in Zug nur deswegen so tief, weil die dortigen Politiker so viel sparsamer seien als anderswo, hört man oft. Stimmt das auch? Eine Publikation der Eidgenössischen Finanzverwaltung listet regelmässig auf, für welche Zwecke die Kantone und die Gemeinden wie viel Geld ausgeben. Damit diese Zahlen untereinander vergleichbar werden, werden all diese Ausgaben pro Kopf umgerechnet. Das Resultat verblüfft.Die Politiker in Zug investieren zum Beispiel in den Service ihrer Ämter so viel Geld wie sonst nur die Bürokraten in Genf. Offenbar glauben die Zuger, dass ihre Kundschaft eine zuvorkommende Verwaltung zu schätzen weiss. Selbst wenn diese in Zug pro Einwohner 1350 Franken verschlingt, während es im Jura 950, in Zürich 910 und im Aargau gar nur 800 Franken pro Einwohner sind.Vor allem aber ahnen die Politiker in Zug, dass sich reiche Zuzüger eine möglichst gute Schule für ihre Kinder wünschen. Folglich ist die Volksschule den Zugern so viel wert wie nirgendwo sonst in der Schweiz: 2475 Franken pro Einwohner und Jahr. In Zürich sind es 2010 Franken pro Einwohner, im Aargau 1975, im Jura sogar nur 1670. In andern Ausgabebereichen liegen die Zuger ebenfalls über dem Schweizer Durchschnitt, etwa bei den Kosten für die Sozialhilfe oder für die Polizei. Daneben gibt es auch einige Politikfelder, in denen Zug tatsächlich sparsam ist, besonders in der Spitalpolitik, aber auch bei der Kultur- und Sportförderung, der Abwasser- und der Abfallbeseitigung.Die Summe der Summen ergibt, dass der Kanton und die Gemeinden in Zug jährlich etwas mehr als 11 400 Franken pro Kopf ausgeben; damit liegt das Steuerparadies Zug fast genau im Schweizer Durchschnitt. Zürich liegt darüber (gut 13 000 Franken pro Kopf), die Steuerhölle Jura darunter (10 500), und der Kanton Aargau gehört gar zu den sparsamsten Kantonen überhaupt (wenig mehr als 9000 Franken pro Kopf).

Also stimmt es nicht, dass die Zuger Politiker in den Gemeinden und im Kanton weniger Geld ausgeben ­ wahr ist eher das Gegenteil. Trotzdem können die Zuger mit stabil tiefen Steuersätzen locken. Warum? Weil dort bereits viele Reiche wohnen und noch mehr florierende Firmen sitzen, die Spitzenlöhne und Rekordgewinne versteuern. Das schenkt ein.

Und das spürt sogar die Eidgenossenschaft. Denn bei der direkten Bundessteuer müssen alle Einwohner und alle Firmen überall gleich viel zahlen, egal, ob sie in Zug oder Delémont residieren. Folglich liefern die reichen Kantone auch deutlich mehr Geld nach Bern ab: Zug zahlt pro Kopf umgerechnet 6360 Franken direkte Bundessteuer, der Aargau hingegen nur 1110, der Jura 780. Rein statistisch zahlt ein Zuger also 5,7-mal mehr Bundessteuer als ein Aargauer und 8,2-mal mehr als ein Jurassier.

So gesehen profitieren letztlich alle Schweizerinnen und Schweizer ein wenig davon, dass es hierzulande Steuerparadiese gibt: in Zug, aber auch in Schwyz, Nid- und Obwalden. All diese Paradiese ziehen reiche Leute und finanzkräftige Firmen an, die sonst wohl kaum in der Schweiz wohnen oder sitzen würden. Dort zahlen sie sehr tiefe Tarife bei den Kantons- und Gemeindesteuern, aber bei der direkten Bundessteuer müssen sie trotzdem den vollen Tarif abliefern. Was dann dazu führt, dass der kleine Kanton Zug, der nur gerade 1,4 Prozent der Bevölkerung stellt, über 5 Prozent der direkten Bundessteuer generiert.

Und die Moral von der Geschicht: Es ist durchaus im nationalen Interesse, wenn die Politiker in Zug mit dem Steuergeld etwas lockerer umgehen, sich etwas teurere Ämter und vor allem luxuriösere Schulen leisten. Denn die Reichen sollen sich bitte wohlfühlen in Zug; würden all diese Leute nämlich nach Monte Carlo oder London wegziehen, bekämen das sogar die sparsamen Aargauer oder die armen Jurassier zu spüren.

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