Wo Kinder gern auf ­Wanderschaft gehen

Weekend-Tipp Appenzell

06.06.2013, Schweizer Familie

Wandern kann für Klein und Gross gleich spannend sein: Das zeigt der Märliweg in Urnäsch AR. Wer sich dazu eine Übernachtung auf der Alp Fischegg gönnt, erlebt tatsächlich ein märchenhaftes Wochenende.Text Markus Schneider Fotos Daniel Ammann
die Appenzeller animieren Kinder aus der Stadt mit Märchen-Erzählen zum Wandern. Wobei Kinder auf Appenzellerisch Goofe genannt werden . Das ist nicht despektierlich gemeint. «Ich sage auch meinen Grosskindern Goofe» bekennt Vreni Schmid, eine von vier Märli-Erzählerinnen in Urnäsch.
Ankunft Bahnhof Urnäsch. Schilder zeigen den Goofen , wohin der neue «Märliweg» führt. Steil aufwärts dem Bach entlang. Oben in den Wald hinein. Bei der Barriere wartet Vreni Schmid: «Aufpassen, hier beginnt eine besondere Welt.»
Am Wegrand stehen Tiere aus neuem Holz. Nicht geschnitzt, sondern mit grossen und kleinen Motorsägen frisch zugeschnitten. Ein Specht! Dazu klopft ein richtiger Specht aus dem Wald . Und der Holzfu chs schaut den Goofen direkt ins Gesicht. Der echte hat sich aus dem Staub gemacht, verkrochen in seine Höhle. «Diese Tierfiguren», hofft Schmid, « sollen ‹ gluschtig › machen. »
Sie nimmt einen angeknabberten Tannzapfen und wird später die dazu pass ende Geschichte vom Eichhörnchen erzählen. Da hören nicht bloss die Kleinen zu. Bei den vier «Märli-Frauen» von Urnäsch melden sich ebenso viele Erwachsene an. Ein Verein mit seinem ganzen Vorstand. Eine Grossmutter lädt zu ihrem Geburtstag alle Nachkommen ein. In zwei Wochen erscheint ein 55-jähriger Mann mit seiner Frau und einer 30-köpfige n Schar: S ie feiern eine wahrhaftige Märli-Hochzeit. Welche Geschichte dazu passt, ist noch offen. Es wird wohl eine Liebesgeschichte sein. Jede gute Geschichtenerzählerin richtet sich nach dem Publikum. Nach der Jahreszeit. Nach dem Wetter. Nach der Laune.
E twas ist immer gleich: D as Rauchzeichen vom «Märli h uus». Ob Sommer oder Winter, der Rauch kommt aus dem Kamin. Das Feuer lodert drinnen auf einem offenen Stein, die Zuhörer hocken im Kreis drum herum. Tee wird ausgeschenkt aus frischen Appenzeller Kräutern.
Auf dem Lilly-Weg

Dieses «Märli-Huus» ist in Wirklichkeit die «Naturerlebnishütte Streuimoos». «Streui » heisst das Grün, das hier oben im Flachmoor wächst. Direkt vor der Hütte reitet eine Hexe auf ihrem motorgesägten Besen übers Moor. Ein mystischer Platz, vor allem bei Nebel.
Und was passiert, wenn die Goofen unten am Bahnhof « keinen Bock » auf Märli im Moor haben? Dann setzen sie sich ins Postauto Richtung Schwägalp. Haltestelle «Steinflue», zeigt der Bildschirm an. Die Kinder « gumpen » aus dem Postauto. Sie verlaufen sich nicht. Blaue Schilder weisen den «Lilly-Weg». Von Posten zu Posten geht es den Geschwistern Lilly und Martin hinterher. Am Bach sind Steinmännli ausgestellt. Die Kinder bauen selber welche, so wie Lilly und Martin es auf dem Plakat vormachen. Sie gelangen zur Riesenrutschbahn, wandern durch einen moosigen Wald, klettern auf den Hochsitz, halten still Ausschau nach Rehen. An einem Fels hängt ein Seil. Angst haben höchsten s die Eltern.
Ziel des «Lilly-Wegs» ist die Alp Fischegg. Hier führen Daniela und Ueli Biser das Lilly-Beizli. Die Kinder dürfen Ziegen melken. Auch wenn die Lebensmittelkontrolleure keine Freude hätten, Daniela Biser lässt sie auch ein paar Schl u cke trinken: «Es gibt nichts Gesünderes als euter warme Milch.»
Zum Übernachten finden bis zu dreissig Personen Platz. Die Goofen im Stroh, die Eltern auf Matratzen. «Wellness?», fragen Daniela und Ueli Biser. Ein Feuer heizt das Wasser auf zum Bad in einer grossen Wanne.

Auf Anmeldung gibts «Rahmzonne» . Das Rezept: 1 Liter Rahm , 2 Esslöffel Mehl , 1 Kaff e elöffel Salz , e ine Stunde köcheln bei niedrigem Feuer.
Die dickflüssige Masse wird aufs Weissbrot gestrichen. «S fueret», meint Daniela Biser und reicht Schnaps zur Verdauung. Dazu serviert sie Zimtkuchen .
I n Urnäsch gibts ein Malbuch zu kaufen. «Lilly und Martin». Hinter Lilly steckt keine Märli-Figur, sondern die Bauernmalerin Lilly Langenegger . Sie wohnt in Gais , dem Ort des N ationalen Wandertags vom 14. September.

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit «Appenzellerland Tourismus» entstanden. Bereits erschienene Weekendtipps finden Sie unter www. schweizer familie.ch/weekendtipps

Urnäsch AR

Anreise:
Mit den SBB nach Gossau. Umsteigen auf die Appenzeller Bahn bis Urnäsch.
Märliweg:
Anmeldung für eine Geschichte am Endes des Märliwegs:
Tourist Information Urnäsch
071 364 26 40
Bisers Lilly-Beizli:
Offen von Mai bis Oktober, Samstag, Sonntag und an Mittwochnachmittagen bei schönem Wetter.
Anmeldungen für Übernachtungen:
071 364 15 32
078 677 13 81
familie.biser@gmx.ch
Malbuch Lilly und Martin:
Fünf Franken. Zu kaufen in der Tourist Information Urnäsch auf dem Dorfplatz
071 364 26 40
Restaurants in Urnäsch:
Restaurant Engel (mit zwanzig Sorten Cordon bleu):
071 364 27 70
Restaurant Kreuz
071 364 10 20
Restaurant Ochsen
071 366 00 66
Restaurant Frischknecht’s Anker (gehobene Klasse)
071 364 17 71
Übernachtung in Urnäsch:
Hotel Krone
071 365 64 00
Allgemeine Auskünfte:
Tourist Information Urnäsch
071 364 26 40
www.urnaesch.ch

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