Museum Beyeler – ein Gesamtkunstwerk

25.07.2013, Schweizer Familie

Moderne Kunst? Dafür müssen wir nicht extra nach New York jetten und das Museum of Modern Art (MoMA) aufsuchen. Wir nehmen in Basel SBB das 2er-Tram und überqueren den Rhein. Beim Badischen Bahnhof wechseln wir dann ins 6er-Tram Richtung Riehen zur «Fondation Beyeler».Beyeler – das ist das einzige Kunstmuseum der Welt, das einen derart freien Blick bietet. Hinaus in den Park. Die Fenster reichen von der Decke bis zum Boden. Gehen wir auf dem Eichenparkett, ist es, als ob wir übers Wasser wandelten. Denn gerade hinter der Scheibe liegt ein Teich. Ein echter mit echten Blumen drin, nicht etwa ein Bild von Claude Monet.
Drinnen im Museum hängt das Seerosen-Bild. Das echte von Monet. Zwei Meter hoch, neun lang. Nahe stellen wir uns davor, natürlich ohne es zu berühren. Einzelne Pinselstriche sehen wir, drücken die Augen ein bisschen zu, gehen vorsichtig rückwärts. Dann öffnen wir die Augen – vor uns die volle Pracht.
Quasi Schulter an Schulter neben uns guckt ein anderer auf den Teich. Wir kennen ihn, auch wenn wir uns noch nie begegnet sind. Ein typischer Giacometti: «Der schreitende Mann», 1,89 Meter gross, eine Statue aus Bronze. 230 Werke zählt die Sammlung Beyeler. Alle drei Monate wird jedes dritte Bild ausgewechselt, wir müssen schon öfter kommen, um wirklich alle Objekte gesehen zu haben: vierundzwanzig von Picasso, zehn von Paul Klee, je neun von Henri Matisse und Fernand Léger, sieben von Piet Mondrian. So prächtig und so prominent diese Auslese ist – sie sei «ohne feste Absicht und ohne Plan entstanden», meinte Ernst Beyeler bei der Eröffnung im Oktober 1997 kühl.
Reich geboren ist der Stifter 1921 in Basel nicht. «Mein Vater war Bahnbeamter, es wurde nur gearbeitet, um die fünf Kinder zu ernähren.» Sohn Ernst machte eine kaufmännische Lehre, startete als Antiquar, Kunsthändler und Galerist an der Bäumleingasse. «Geld verdienen ist recht, aber eigentlich nur, um mit dem Geld etwas anderes und Besseres zu kaufen», lautete sein Motto.Picassos Gitarre

Früh hatte er den Mut, auf wenige Namen zu setzen. Vor allem hatte er das Auge, die «Richtigen» auszuwählen. Als Bilder von Paul Klee noch günstig waren, lagerte er hundert Klees in seiner Galerie. «Ich habe sehr rasch damit begonnen, beim Verkauf von einem Bild sofort zwei Bilder zu kaufen.»

Vor drei Jahren ist Beyeler im Alter von 88 Jahren gestorben. In Riehen, wo er sein Leben lang mit seiner Frau Hildy gelebt hat. Hier hat sich das Paar auch seinen letzten Traum erfüllt. Ihr Schatz hat seinen Platz gefunden. Die ­Gemeinde stellte den Park zur Verfügung. Den Architekten ­hat der Bauherr bestimmt: Renzo Piano, den Star aus Genua. Doch bei allen Plänen hat Beyeler mitgeredet, klar und deutlich. Resultat ist das einzige Kunstmuseum der Welt mit einem derart freien Blick hin­aus ins Grüne.
Zu sehen gibt es immer mehr als «nur» die Sammlung Beyeler. Alle drei Monate findet eine Sonderausstellung statt, gewidmet einem Künstler, den Beyeler geschätzt hat oder zu dem in der Sammlung eine Verbindung besteht. Zurzeit läuft die grosse Retrospektive von Max Ernst.
Nur ein Werk suchen wir vergebens. Die «Gitarre» von Picasso. Beyeler wollte es unbedingt. Er soll seinem Freund Picasso einen Tausch angeboten haben: ein Werk von Paul Cézanne ­gegen die «Gitarre». Nach einer Nacht Schlaf hat es sich Pi­- cas­so anders überlegt: Aufs Cézanne-Bild konnte er verzichten. Dafür verschenkte er seine «Gitarre». Später wanderte das Bild dorthin, wo es hingehört: ins MoMA in New York. Schön eingereiht in der Serie aller andern Picasso-«Gitarren».

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit «Basel Tourismus» entstanden. Bereits erschienene Weekendtipps finden Sie unter www. schweizer familie.ch/weekendtipps

Die neue Schweiz-Tourismus- App auf: www.myswitzerland.com

FONDATION BEYELER, RIEHEN BS

Anfahrt: Vom Bahnhof Basel SBB. Tram Nummer 2 bis Badischer Bahnhof, Umsteigen in Tram Nummer 6 Richtung Riehen Grenze.
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr. Mittwochs bis 20 Uhr.
Eintritt: 25 Franken Erwachsene, 12 Franken Studenten, 6 Franken Kinder.
Familien-Tag: Sonntag, 20. Oktober. Gratis für Kinder und Jugendliche. Führungen, Museumsspiel und Workshops im Museum und Park.
Bis 8. September: Grosse Max-Ernst-Retrospektive.
Bis 6. Oktober: Maurizio Cattelan. Der berühmte italienische Bildhauer präsentiert seine Skulpturengruppe mit fünf Pferden in Original­grösse, die waagrecht im Raum mit dem Kopf durch die Wand installiert sind.
Allgemeine Informationenen: 061 645 97 00 www.fondationbeyeler.ch

Übersicht