Im Biberland bei Frauenfeld

Weekend-Tipp 07.11.2013

Wollen wir den Biber sehen, müssen wir nicht unbedingt den Biberweg von Pfyn oberhalb von Frauenfeld TG entlangspazieren. Aktiv ist der Biber sowieso nur in der Nacht. Dann frisst und baut und staut er. Fliessende Wasser werden zu Tümpeln, Weihern, Seen. Ganze Bäume fällt der Biber in drei Tagen, kein Problem. Pappeln und Weiden hat er besonders gern. Ast um Ast nagt er ab, Zweig um Zweig. Gebüsch um Gebüsch. Und mit den Resten seiner Speisen zimmert er ­Dämme. Nur den dicken Stamm, den lässt der Biber liegen, als Vorrat für den Winter. Rinde ist seine Nahrung, ein bis anderthalb Kilo Rinde frisst er pro Tag.Das Resultat sehen wir links und rechts des Biberpfads von Pfyn: eine Landschaft, die ausnahmsweise nicht vom Mensch verbaut, sondern vom Biber ­erschaffen wurde. Ein Paradies für Vögel, Amphibien, Fische, ­Farne, Libellen, Schmetterlinge. Es gibt sogar Totholz hier. Die Pappel dort drüben wurde vom Biber rundum geschält und dann stehen gelassen. Jetzt stirbt sie langsam und erweckt Flechten zu neuem Leben. Am Anfang war hier ein Nebenlauf der Thur. Der Mensch baggerte ihn aus, der Biber kultivierte ihn. Weil das Wasser dem Tier nicht hoch ­genug war, baute er Dämme, mal hier, mal dort, und leitete das Wasser hierhin und dorthin. Er kreierte eine Wasserlandschaft, die wir Menschen «Auenwald» nennen. Min­destens einmal im Jahr wird ein Auenwald total überschwemmt. Harthölzer wie Buchen und Rottannen halten das nicht aus. Weichhölzer wie Pappeln und Weiden prägen das Bild im Auenwald.
Je grösser die Wasserfläche, umso wohler fühlt sich der Biber. Droht Gefahr, will er ­abtauchen. Schwimmend will er auch sein «Haus» betreten. Darum konstruiert er es, wenn immer möglich, in die Böschung am Ufer. Scharf sind seine Krallen. Mit ihnen gräbt er die Gänge seiner Bauten, so kräftig und robust, dass er damit den Teer einer Strasse sprengen kann. Jedes Flussbett klettert er hoch, und sei es noch so steil.
Fast einen Meter lang wird der Biber. Früher assen wir Menschen sein Fleisch, nutzten sein Fell, und einige hofften auf die Wirkung seiner Drüsen­säcke, mit denen er sein Revier und seine Fruchtbarkeit markiert. Dann rotteten wir Schweizer den strengen Vegetarier aus. Vor 45 Jahren hat Anton Trösch, ein Gründungsmitglied des WWF Bodensee/Thurgau, in Norwegen einige Tiere gekauft und bei uns ausgesetzt. Heute leben wieder zweitausend Biber in der Schweiz. Und die fühlen sich «biberwohl», buddeln weiter, sind und bleiben willkommen, ohne dass sie ein Mensch vertreibt. Zumindest in Pfyn mit seinen «Auen von ­nationaler Bedeutung», wie das Naturschutzgebiet auf Amtsdeutsch heisst.
Da, ein Biber!

Und wenn wir den Biber unbedingt live beobachten wollen? Dann sind die Chancen nicht gleich null. Wir dürfen es ­versuchen. An der Postauto­haltestelle Biberpfad Pfyn nehmen wir den Weg Richtung Bade­weiher. Bei Tafel sechs bleiben wir stehen. Ruhig. Und schauen auf den Bach während der Abenddämmerung. Geduldig. Mit etwas Glück schwimmt uns ein hungriger Biber entgegen, die Nase aus dem Wasser gestreckt, die Augen ins Grüne gerichtet.

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Biberlehrpfad Pfyn TG

Anreise: Via Frauenfeld mit dem Postauto bis «Biberpfad Pfyn». Zugang: Keine Hunde. Immer schön auf dem Weg bleiben. Acht Informationstafeln entlang des Wegs. Fünf Kilo­meter lang. Führung: Durch den WWF am Samstag, 7. Dezember, 10 bis 12.30 Uhr.
Anmeldung: Per Telefon 071 223 29 30 oder per E-Mail
anmeldung@wwfost.ch
Kosten: Familien, 35 Franken,
Erwachsene, 15 Franken,
Kinder, 5 Franken.
Allgemeine Informationen: Der Biberlehrpfad von Pfyn ist der erste der Schweiz, er­öffnet wurde er vom WWF im Jahr 2003. Inzwischen sind weitere WWF-Biberlehrpfade entstanden: am Rhein zwischen Tössegg ZH und Rüd­lingen SH, an der Thur bei Oberbüren SG. 044 297 21 21 www.wwf.ch

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