Der Künstler und sein Werk: Heinz Pfister

26.06.2014, Schweizer Familie

Maler mit Skalpell

Heinz Pfister, 65 , passt in kein Künstlerschema. Er hat kein Atelier, keinen Loft, nicht einmal eine Werkstatt. Er sieht aus wie ein Handwerker, lebt in einer Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung in einem Block in Busswil bei Büren BE. Ein Zimmer ist reserviert als Ar­beits­platz, zwanzig Qua drat­meter reichen aus. Auf ­die sem Raum hat er zweitausend Werke erschaffen. Und fast jeden zweiten Tag kommt das nächste hinzu. Eine kleine Kunstfabrik.
Drei Werkzeuge genügen ihm: Bleistift, Papier und das Schneidegerät. Nähme er eine Schere, käme ein Scherenschnitt heraus. Heinz Pfister hingegen greift zum Skalpell. Im Hunder terpack bezieht er seine Skalpelle direkt beim Ärztebedarf. Klingengrösse 11, ideal für Blind darm- und andere Operationen.
Mit dem Bleistift zeichnet er sein Bild auf ein weisses Stück Papier. Legt ein Stück schwarzes Papier darunter. Dann schneidet er mit dem Skalpell den Linien nach das Bild heraus. Das obere weisse Exemplar wirft er weg. Er nimmt das untere schwarze Exem­plar – immer aus einem Stück – und hängt es mit zwei Klebstreifen auf ein neues weisses Papier. Das schwarze darf baumeln, dafür eignen sich Formen aus Streifen besonders gut, das grenzt den Vorder- vom Hin tergrund ab, täuscht Bewegung vor. Zum Schluss setzt der Künst ler ein weisses Passepartout drauf und versorgt das ­Ganze in einen Aluminiumrahmen.
Sujets aus ModejournalenDas Bild hier in seiner Stube wirkt auf den ersten Blick fast abstrakt. Aber es sind fünf ­Frauen in engen Röcken, die auf uns zukommen. Typisch Pfister, der seine Sujets in Modezeitschriften findet. Manchmal zeigt er auch Hüte, Haarsträhnen, Strümpfe oder Gesichter. Bei Männern würden schwarze Lippen weniger gut passen, darum konzentriert sich Heinz Pfister auf Frauen. Nennt man ihn einen Innendekorateur, empfindet das der Künstler als Kompliment. Ihm gefällt es, wenn sich seine Kundinnen und Kunden in ihrer Stube so wohlfühlen wie er in seiner.

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