So sparen wir ein Atomkraftwerk

Mit einfachen Massnahmen im Haushalt lässt sich so viel Strom sparen, dass wir das umstrittene AKW Mühleberg gar nicht mehr brauchen würden. Und verzichten müssen wir dafür auf gar nichts.
31.03.2011, Schweizer Familie

Das Atomkraftwerk Mühleberg ist das kleinste Atomkraftwerk der Schweiz und das umstrittenste. Es läuft mit dem Reaktortyp von Fukushima, und auch die Wasserkühlung ist in Mühleberg BE nicht in jedem Notfall garantiert. Die politische Forderung kam postwendend: Mühleberg müsse sofort abgeschaltet werden.Zurzeit liefert Mühleberg 2976 Gigawattstunden Strom im Jahr (1 Gigawattstunde entspricht 1 Million Kilowattstunden). Können wir so viel einsparen?Das ginge locker und bequem, behaupten Grüne, der WWF, die Schweizerische Energiestiftung und andere atomkritische Kreise. Sie argumentieren mit Studien und Zahlen, die von ihren Gegnern mit eigenen Gutachten widerlegt werden. Das überrascht nicht weiter, das gehört zur Energiedebatte. Jede Zahl ist politisch gefärbt, von rechts wie von links.

Die «Schweizer Familie» geht den umgekehrten Weg: Wir fragen. Auf was müssten wir alle verzichten, um wenigstens das Atomkraftwerk Mühleberg vom Netz zu nehmen? Dabei konzentrieren wir uns ganz auf die privaten Haushalte. Uns interessiert nicht, wie viel «die anderen» – die Industrie und das Gewerbe – beitragen müssten. Wir appellieren an uns Normalbürger.

Bei den Daten stützen wir uns auf Schätzungen von Safe, der Schweizerischen Agentur für Energieeffizienz in Zürich. Safe ist beidseitig vernetzt. Zu ihren Partnern gehören einerseits die grössten Elektrizitätswerke. Andererseits arbeitet Safe mit den Konsumentenschützern von «K-Tipp» und «Saldo» zusammen oder dem Verein Minergie, der sich für strenge Standards im Bau einsetzt. Gleichzeitig engagiert sich Safe für Energieeffizienz.

Um mehr als nur neutral zu sein, haben wir alle Zahlen von Safe abgerundet: um mindestens 50 Prozent. Denn wir wollen, dass das Sparen wirklich so abläuft, wie es grüne Aktivisten preisen: locker und bequem. Herausgekommen ist ein Exit-Szenario in sechs Schritten:

1. Wir leisten uns öfters was Neues. Alte elektrische Geräte sind die grössten Stromfresser, die es je geben wird. Am schlimmsten wäre ein alter Kühlschrank, der unten im Keller steht, für den Notfall aber trotzdem in Betrieb ist. Weg damit!

Dasselbe gilt fürs Faxgerät, das in manchen Haushalten oder Büros immer noch eingeschaltet ist, obschon es kaum je gebraucht wird. Denn im Internetzeitalter gibts nichts mehr zu faxen. Wir mailen und surfen und fangen dann an, richtig Strom zu sparen.

2. Wir wählen neue Geräte klug aus. Leichte Laptops schlagen herkömmliche Desktops, neue LED-Flachbildschirme übertreffen Geräte, die vor kurzem noch «modern» waren, um Welten. Warum wissen wir das? Weil wir, bevor wir jedes Gerät neu kaufen, uns zuerst umschauen. Auf www.topten.ch gibts alle Infos gratis: vom Kaufpreis zum Energieverbrauch, von der Tischlampe zum E-Bike, von der Kaffeemaschine zum Staubsauger, vom Drucker zum Blu-Ray-Rekorder.

Wer lieber direkt in den Laden geht und die Waren in die Hand nimmt, achtet auf die Energieetikette. Hier darfs ruhig das Beste sein: A+++.

Selbstverständlich nutzen wir Neueinkäufe fünf, sechs Jahre. Nur die ältesten Dinger, die wir vor sieben, acht Jahren gekauft haben, schmeissen wir weg. Dies gilt insbesondere bei Waschmaschinen.

Und um ganz ehrlich zu sein: Es macht doch Spass, sich was Neues zu kaufen – und dabei erst noch kein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

3. Wir wollen warmes Licht. Die heutigen Sparlampen werden leider noch nicht flächendeckend eingesetzt. Hier liegt ein gigantisches Potenzial brach. Warum denn haben wir unsere Birnen noch immer nicht ausgewechselt? Liegt das etwa daran, dass das Licht aus den Sparlampen unangenehm kalt wirkt?

Zum Glück ist Besserung in Sicht: Die neuen LED-Leuchten, demnächst breit im Angebot, spenden warmes Licht – und kommen mit noch weniger Strom aus.

4. Wir waschen die Farben nicht länger aus unsern Kleidern heraus. Für Buntwäsche schalten wir stur aufs 40-Grad-Programm, das reicht gegen den Schmutz. Wir verzichten auf Tumbler, wechseln zu Wärmepumpentrocknern oder noch besser: Wir vertrauen der Sonne, dem Wind und der frischen Luft.

5. Wir sind keine Rappenspalter, aber wir achten auf Kleinigkeiten. Beim Kochen beispielsweise legen wir den Deckel auf die Pfanne. Beim Backen des Kuchens und der Pizza schalten wir den Ofen fünf Minuten vor dem Ende aus und nutzen die Restwärme.

Um Tee zu brauen, greifen wir zum Wasserkocher. Wollen wir gekochtes Essen am nächsten Tag aufwärmen, warten wir eine Stunde ab, bis wir es in den Kühlschrank legen.

Vor allem aber wissen wir, was Stand-by ist. Darum schalten wir jede Kaffeemaschine nach Gebrauch aus. CD-Geräte, Tuner, Fernseher, Radio, Modem, Computer: All das schliessen wir zusammen an einen Zwischenstecker mit orangem Abstellknopf. Diesen Knopf drücken wir für die ganze Nacht. Steter Tropfen höhlt den Stein, gilt auch hier.

Deswegen setzen wir just das Warmwasser bewusst ein. Zwar gönnen wir uns ein heisses Bad, wenn wir krank sind. Doch beim Duschen nach dem Joggen wünschen wir nicht möglichst viel Wasser aufs Mal, sondern einen feinen Strahl. Heutzutage gibts doch selbst für Duschköpfe Energieetiketten.

Am besten wäre es natürlich, der Elektroboiler könnte ersetzt werden durch Solarenergie oder durch Wärmepumpen. Aber diese Wahl liegt in der Hand der Hausbesitzer.

6. Wir verzichten auf Elektroheizungen. Freiwillig, bevor der Staat uns dazu zwingen muss. Wir stellen um auf Wärmepumpen. Nur entscheidet auch hier der Eigentümer allein. Mieter können aber darum bitten. Das tun sie, denn sie wissen, um was es geht: Die Abschaffung von Elektroheizungen ist der grösste mögliche Stromsparbeitrag überhaupt.

Tabelle und Zahlen: In der Print-Ausgabe der «Schweizer Familie»

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