10 Prozent der Bevölkerung verursachen 60 Prozent der Gesundheitskosten Entziffert 09.03.2005, Bilanz

10 Prozent der Bevölkerung verursachen 60 Prozent der Gesundheitskosten
Entziffert 09.03.2005, Bilanz

Dass die Gesunden gesund sind, wissen die Gesunden selbst am besten. Getrost gehen sie davon aus, dass sie auch gesund bleiben. Um Prämien bei der Krankenkasse zu sparen, wählen immer mehr von ihnen eine Franchise von 1200 oder 1500 Franken. Damit spart diese kleine Minderheit einen Haufen Geld: Im Schnitt müssen sie ihre Franchise nicht einmal zur Hälfte zahlen. Denn ihre Kosten pro Kopf liegen, gemessen an der grossen Mehrheit der Normalversicherten mit der Normalfranchise, sechsmal tiefer.Wie gesund die Gesunden sind, ahnen auch die Krankenkassen. Zwar haben sie keinen Zugang zu den Codes der Diagnosen. Aber sie verfügen über sämtliche Kosten, die jede Person in den Vorjahren verursacht hat. Und das ist eine entscheidende Information.Konstantin Beck, Statistiker der Krankenkasse CSS, schreibt in seinem Buch: «Ein Versicherter, der im Vorjahr im Spital war, hat in der Regel mehr als doppelt so hohe Kosten im darauf folgenden Jahr, verglichen mit einer Person, die nicht hospitalisiert war.» Wäre die Krankenkasse eine ganz normale Versicherung, könnte sie diese Information direkt auf die Prämien schlagen. Die Konsequenz kennen wir alle von der Autohaftpflicht-Versicherung: Wer ein paar Jahre unfallfrei bleibt, fährt dreimal billiger.

Könnte eine Krankenkasse «Markt»-Prämien verlangen, wären die Differenzen enorm. CSS-Statistiker Beck hat genau das durchgerechnet und zu diesem Zweck drei Kategorien gebildet:

A – Versicherte mit Kosten von weniger als 1000 Franken in den letzten drei Jahren,

B – Versicherte mit Kosten zwischen 1000 bis 10 000 Franken in den letzten drei Jahren,

C – Versicherte mit Kosten von mehr als 10 000 Franken in den letzten drei Jahren.

Resultat: Die Kategorie A käme mit Monatsprämien von weniger als 100 Franken weg; davon würden rund 30 Prozent profitieren, die Gesunden. Die Kategorie B, zu der die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer zählt, käme im Vergleich zu heute ebenfalls mit leicht billigeren Prämien weg. Die Kategorie C hingegen, rund 20 Prozent, müsste Monatsprämien in der Grössenordnung von 1000 Franken begleichen.

Ein Statistiker wie Konstantin Beck bezeichnet dieses Prognosemodell (Kosten der drei letzten Jahre = Kosten für das kommende Jahr) als «naiv». Aber es komme der Realität nahe, während andere Erklärungsmodelle, die in der politischen Diskussion populär seien, kaum taugten. So heisst es, die Alten seien viel teurer als die Jungen, die Frauen etwas teurer als die Männer. Das stimmt zwar, aber nur für den Durchschnitt.

Eine Krankenkasse hingegen will wissen: Wie finden wir die kleine Zahl der grossen Risiken? Die teuersten 10 Prozent der Versicherten verursachen 60 Prozent der gesamten Kosten. Auf dieser Suche helfen die Kriterien Alter und Geschlecht wenig. Nicht alle Alten sind teuer, im Gegenteil, fünf Prozent der hochbetagten Frauen über 90 sorgen lediglich für Bagatellen von weniger als 40 Franken im Monat. Während die absolut teuersten Krankheitsfälle ausgerechnet in jener Risikoklasse zu finden sind, die im Durchschnitt die günstigste ist: bei den jungen Männern.

Quelle: Konstantin Beck: Risiko Krankenversicherung.
Haupt Verlag, Bern 2004.

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