Eine Akademikerin hat noch 0,8 Kinder Entziffert 07.09.2005, Bilanz

Eine Akademikerin hat noch 0,8 Kinder
Entziffert 07.09.2005, Bilanz

«Fragt man Akademiker nach der Zahl ihrer Kinder, ergibt sich eine auffallende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern», beobachtet der Neuenburger Soziologieprofessor Christian Suter. Die Akademikerinnen kommen laut Statistik auf 0,8 Kinder pro Frau, während es in der gesamten Bevölkerung immerhin 1,4 Kinder pro Frau sind ­ eine Quote, welche auch die männlichen Akademiker etwa erreichen. Damit steht die Frage im Raum: Warum pflanzen sich die männlichen Akademiker erfolgreicher fort als die weiblichen? «Weil sie eine Ausweichstrategie verfolgen», antwortet Christian Suter und verweist auf den Heiratsmarkt.Dieser Heiratsmarkt funktioniert grob gesagt so, dass sich jede Bildungsstufe unter sich verbindet. 66 Prozent der Männer ohne Schulabschluss wählen auch eine Frau ohne Schulabschluss. 68 Prozent der Männer, die nur die obligatorische Volksschule besucht haben, vermählen sich mit einer Frau, die ebenfalls nur die obligatorische Volksschule besucht hat. 58 Prozent der Männer, die eine Berufslehre abgeschlossen haben, heiraten eine Frau, die ebenfalls eine Berufslehre abgeschlossen hat. Dieses Bild ändert sich erst bei den Akademikern: Hier heiraten nur 30 Prozent der Männer eine Frau, die ebenfalls einen Hochschulabschluss mitbringt.Warum heiraten so viele Akademiker «abwärts», was die Bildung betrifft? Ganz einfach: weil es in der Vergangenheit an den Universitäten zu wenige Frauen gab. 1980 betrug ihr Anteil erst 32 Prozent. Logischerweise konnten gar nicht alle Akademiker eine Akademikerin finden. Aus Sicht der Frauen hingegen zeigt der Heiratsmarkt wieder das gewohnte Bild von Gleich und Gleich: 62 Prozent der Akademikerinnen gaben ihr Ja-Wort einem Akademiker.

Inzwischen haben die Frauen aufgeholt. Bei der Matur beträt ihr Anteil 56 Prozent, an den Universitäten 49 Prozent. Dies wird Auswirkungen für den Heiratsmarkt haben: Einerseits steigen die Chancen männlicher Akademiker, sich eine Akademikerin anzulachen, andererseits sinkt dadurch ihre Aussicht auf ein eigenes Kind.

Zwar hätten auch Akademikerinnen gern Kinder, wie sie in Umfragen bezeugen, nur erfüllen sie sich diesen Wunsch nicht. Solange sich Kind und Karriere in der Schweiz nur schwer unter einen Hut bringen lassen, verschieben gut ausgebildete Frauen ihren Kinderwunsch auf später ­ bis es zu spät ist.

Was bleibt den Männern, die unbedingt ein Kind wünschen? Die Ausweichstrategie: wie bisher «abwärts» heiraten. Das ist übrigens typisches Männerverhalten, zu beobachten auch an den Hochzeiten der Leute mit Berufsabschluss. Die Mehrheit ­ 58 Prozent ­ vermählt sich zwar «seitwärts», beim Rest zeigt sich aber eine Diskrepanz zwischen den Geschlechtern: Die Frauen heiraten gern «aufwärts» (34 Prozent), nur selten «abwärts» (8 Prozent). Das genau umgekehrte Bild bei den Männern mit Berufsschulabschluss: Sie heiraten kaum «aufwärts» (12 Prozent), aber problemlos «abwärts» (30 Prozent).

Diesmal können sich die Männer nicht mit dem Argument der Frauenknappheit herausreden: Unter den Verheirateten mit Berufsabschluss sind die Geschlechter nahezu gleich verteilt. Offenbar wollen Männer einfach dominant sein.

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