Einheitlicher Steuersatz als Lösung? Berner Zeitung, 29.04.200

Einheitlicher Steuersatz als Lösung?
Berner Zeitung, 29.04.2004, von Guido LauperBerner Zeitung; 29.04.2004; Seite 27
BO-Oberland-West

 

«Weissbuch 2004»-autor Markus Schneider in der Bibliothek Spiez
Buchautor Markus Schneider schlägt in seinem «Weissbuch 2004» für mehr Steuergerechtigkeit einen international konkurrenzfähigen Steuersatz vor. Eine Begegnung in der Bibliothek Spiez.

Markus Schneider polemisierte nicht. Auch wenn der Journalist mit abgeschlossenem Ökonomiestudium in der Bibliothek Spiez offen auf Widersprüche auch in seinem «Weissbuch 2004 – Rezepte für den Sozialstaat Schweiz» hinwies. Er steht mit seinen Forderungen nach einem einheitlichen Steuersatz von 18 Prozent nicht allein da. In vielen Staaten sei dieser Einheitssatz schon üblich; durch die Osterweiterung der EU käme er auch immer mehr auf die Schweiz zu, meinte Schneider.

Im «Weissbuch 2004», das innert weniger Monate über 6500 Mal verkauft wurde, differenziert er diesen Vorschlag, in dem er für kleinere Einkommen einen Ausgleich verlangt. Ein ebenso einheitlicher Abzugssatz würde dafür hohe Einkommen zwar entlasten, aber auch Umgehungsmöglichkeiten ausschliessen. Schneider nannte dazu wichtige Beispiele. Die Möglichkeit, durch die Renovation von Liegenschaften oder mit Einlagen aus Bonuszahlungen in die Altersvorsorge auf Einkommen null zu kommen. Oder sogar Rückvergütungen an die Krankenkassenprämien zu erhalten. Er erinnerte auch an die Möglichkeit für gut Verdienende, massiv zu sparen mit dem Umzug in «Steuerparadiese».

Mythos Progression

Den Einheitssatz machte Markus Schneider auch mit konkreten Zahlen schmackhaft, wie sie in Spiez zu errechnen seien. Hier muss ein Einkommen von 150 000 Franken mit total 15 Prozent oder 22 000 Franken versteuert werden. Ein Mehreinkommen von 50 000 Franken steigert die Steuerrechnung um 30 Prozent des höheren Verdienstes auf 37 000 Franken. «Dass da der Anreiz steige, mögliche Abzüge voll zu nutzen, liegt wohl in der Natur des Menschen», so Schneider. Umgekehrt dürfe der Wille zum Besserverdienen nicht gebremst werden, indem Mehrverdienst in unteren Einkommen durch steigende Abgaben «mehr als aufgefressen» werde.

Den Sozialstaat will Autor Markus Schneider nicht abschaffen, «doch Anpassungen sind nötig». Gegen den Begriff der Scheininvalidität verwahre er sich, denn die tiefen Renten der IV würden kaum zum Missbrauch verleiten. Er sprach sich sogar für klare Unterstützung von Kleinverdienern aus, aber nur wenn sie selbst mit Arbeit einen Beitrag an ihr Einkommen leisten.

Buch mit Widersprüchen

Schneider gewährte dem Biblio-Publikum Einblicke in seine persönliche Entwicklung zum gefragten Journalisten. Ausgerechnet das Thema Ökonomie, von dem er nur wenig oder fast gar nichts verstanden habe, hätte er zu seinem Ziel gemacht. Wider die eigene Bequemlichkeit und mit viel Aufwand verfasste er auch sein Buch: «Ein abgeschlossener Bericht lässt sich ohne Widersprüche schreiben, im «Weissbuch» jedoch habe ich nicht alle ausmerzen können.» Dass die darin erarbeiteten Vorschläge keine Fantasieprodukte seien, bestätige eine Untersuchung der eidgenössischen Steuerverwaltung, die seine Berechnungen als durchaus realistisch bezeichnet habe. Zusammengefasst versteht Markus Schneider sein «Weissbuch» als «Anleitung für die Regierung von aussen». ·

Markus Schneider, «Weissbuch 2004 – Rezepte für den Sozialstaat Schweiz», 135 Seiten, 39 Franken, ISBN 3-905682-00-1, erschienen im Weltwoche-Verlag. Erhältlich im Bücherperron Spiez sowie in allen Buchhandlungen.

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